
Seit 2014 gibt es – mit Unterbrechungen – ein kostenloses Kinderbetreuungsangebot während der Sitzungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse. Nun hat Oberbürgermeister Alexander Vogt jedoch angekündigt, dass dieses Angebot zukünftig kostenpflichtig sein soll. Damit bewegt er sich aus unserer Sicht jedoch auf juristischem Glatteis. Deswegen haken wir nach.
In der letzten Sitzung gab die Stadtverwaltung dem Stadtrat die Informationsvorlage VIII/2025/01555 zum Kinderbetreuungsangebot während der Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse zur Kenntnis. Darin erläutert sie, dass ab sofort wieder die Möglichkeit besteht, ein solches Angebot in Anspruch zu nehmen. Die Kosten in Höhe von 5 Euro je angefangener Stunde zuzüglich einer Pauschale je Betreuungstag zwischen 4,50 Euro und 13 Euro seien durch die jeweiligen Mitglieder zu tragen. Auf Nachfrage bekräftige der OB, dass man sich auch angesichts der Haushaltslage bewusst gegen eine Kostenübernahme durch die Stadt entschieden habe. Er wisse nicht, was die Begründung für eine solche Übernahme im Rahmen des vormaligen Angebotes gewesen sei.
Bereits 2013/14 erarbeitete die Stadtverwaltung auf Beschluss des Stadtrates ein Konzept für ein entsprechendes Angebot. In ihrer Antwort auf eine entsprechende Anfrage stellte die Stadtverwaltung mit Bezug auf § 33 Abs. 2 der damals gültigen Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt klar, dass die Mitglieder in der Praxis keine Kosten zu tragen hätten:
„Im Rahmen der Mandatsausübung tatsächlich entstandene und erforderliche Kosten für die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen werden auf formlosen Antrag und gegen Übersendung der Kostennachweise von der Stadt erstattet.“
Diese Einschätzung bekräftigte sie in der nach Abschluss der Erarbeitung veröffentlichen Informationsvorlage.
Die oben genannte Regelung der Gemeindeordnung findet sich heute nahezu wortgleich in § 35 Abs. 2 des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA). Dort heißt es:
„Den in ein Ehrenamt oder zu sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit Berufenen können angemessene Aufwandsentschädigungen nach Maßgabe einer Satzung gewährt werden. Mit der Gewährung einer Aufwandsentschädigung ist der Anspruch auf Ersatz von Auslagen mit Ausnahme der Kosten für Dienstreisen außerhalb des Dienst- oder Wohnortes sowie der zusätzlichen Kosten für die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen abgegolten. Die Aufwandsentschädigung soll in Form einer monatlichen Pauschale gewährt werden. Aufwandsentschädigungen unterliegen nicht den Zwecken der Haushaltskonsolidierung. […]“ (Hervorh. d. Verf.)
In der Entschädigungssatzung der Stadt Halle (Saale) wird diese Regelung zwar nicht explizit aufgegriffen, jedoch heißt es in § 7 Abs. 3:
„Darüber hinaus wird den Stadträten auf Antrag ein Ersatz auf sonstige notwendige Auslagen gewährt. […]“
Daher fragen wir die Stadtverwaltung:
- War das Rechtsamt in die Erarbeitung des Angebotes beziehungsweise der Informationsvorlage eingebunden? Wenn nein, warum nicht?
- Worauf stützt die Stadtverwaltung unter Berücksichtigung von § 35 Abs. 2 KVG LSA ihre Rechtsauffassung, dass die entstehenden Kosten durch die Mitglieder des Stadtrats und seiner Ausschüsse, die das Angebot in Anspruch nehmen, zu tragen sind?
- Wurde die Gleichstellungsbeauftragte bei der Erarbeitung der Informationsvorlage VIII/2025/01555 beteiligt? Wenn nein, warum nicht?
- Wie bewertet die Gleichstellungsbeauftragte die durch die Stadtverwaltung vorgesehene Regelung?
Diese Initiative im Bürgerinformationsportal der Stadt Halle ansehen. Sobald die Antwort vorliegt (voraussichtlich am Freitag, den 19. September) informieren wir an dieser Stelle über das Ergebnis.